Beethoven : : Ries
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
Genie und Schüler

Diese beiden Werke führen den Zuhörer in einen Lebensabschnitt Beethovens (1799-1803), der von einer ungeheuren Schaffenskraft, dem Erreichen vollkommener äußerer Form sowie Glanz und Leichtigkeit der Melodik ,zu hören im Septett op.20, wie auch wenige Zeit spter von innerer Zerrissenheit, Verzweiflung ¸ber die beginnende Taubheit, Selbstmordgedanken und selbstgewählter gesellschaftlicher Isolation geprägt ist. In dieser Zeit vertraut Beethoven seiner Musik viel Persönliches an, oft versteckt in perfekter traditioneller Form aber auch revolutionär und visionär in die Zukunft seines tondichterischen Schaffens blickend. Dieses Ringen mit der Sprache der Musik bestimmt die Arbeit Beethovens an seiner 2. Sinfonie op.36. um1802.

In dieser Zeit erwirbt sich Ferdinand Ries die Freundschaft und das Vertrauen Beethovens. Ries kommt im Winter 1801-1802, 17-jährig, mit einem Brief seines Vaters, Beethovens Geigenlehrer während der Bonner Zeit, zu ihm nach Wien, um bei ihm seine Studien auf dem Klavier zu vervollkommnen. Beethoven unterrichtet ihn, vermittelt ihm bei Albrechtsberger Kompositionsstunden und lässt ihn später als seinen Sekretär und Kopist für sich arbeiten. und betraut den jungen Ries mit der schwierigen Aufgabe der Verhandlungen mit Verlegern. Dies belegen seine Briefe an den Verlag Simrock in Bonn.

Im Jahr 1802 leistete der junge Ries noch nicht viel Arbeit für Beethoven, erlebte aber die Fertigstellung der zweiten Sinfonie und vielleicht auch die Seelennöte seines großen Förderers aus der Nähe. 1804 lässt Beethoven seinen Sch¸ler mit dem 3.Klavierkonzert c-moll op.37 erfolgreich debutieren. Als Ries 1805 nach Bonn zurückberufen wird um in der französischen Armee Dienst zu tun, aber für untauglich erklärt wird, hält er sich wahrscheinlich ein Jahr in Bonn auf bevor er nach Paris geht. 1807 erscheint bei Simrock in Bonn, Beethovens Verlag, seine Bearbeitung der "Grande Sinfonie"op.36 Ludwig van Beethovens. 1808 ging er für ein weiteres Jahr zu Beethoven nach Wien.. Ob die Bearbeitung in Paris entstanden ist, sie bereits im Reisegepäck war, oder ob Ries diese in Bonn während seines Zwischenaufenthaltes angefertigt hat ist nicht bekannt. Es ist gut vorstellbar, dass er in Bonn die Ruhe gefunden hat aus der Dankbarkeit und Bewunderung für seinen Lehrer und Freund heraus eine solche Arbeit anzugehen. Dies zeigt auch die Widmung an Beethoven mit der er sein 1806 bei Simrock erscheinendes Werk op.1 versieht. Hier schreibt er:"...Ich ergreife die Gelegenheit, um Ihnen öffentlich meinen aufrichtigsten und lebhaftesten Dank zu bezeugen für die Vertrautheit, die Sie die Güte hatten mir zuzugestehen und für die Freundschaft, mit der Sie mich ehrten. Die Erinnerung an die angenehmen Stunde, die ich bei Ihnen verbracht hab, wird niemals aus meinem Herzen Schwinden,.....Ich wäre glücklich, wenn ich eines Tages in den Augen der Öffentlichkeit den doppelten ehrenvollen Titel des einzigen Schülers und des Freundes eines so großen Meisters rechtfertigen könnte...".

Man kann vermuten, dass die Bearbeitung der 2. Sinfonie mit Billigung Beethovens entstanden ist, der an der Verbreitung seiner musikalischen Aussage in den Salons der Musikliebhaber ein Interesse hatte.

Ferdinand Ries setzt die 2.Sinfonie in wunderbarer Weise in die Form eines Nonetts, das die sinfonische Breite mit dem Charakter der Einzelinstrumente verbindet und für die Salons wie auch für die kleinen Orchester der Adeligen geeignet ist.

Die große Bewunderung und Treue für seinen Förderer Beethoven setzt sich in Ries späterem Leben fort. Während der elf Jahre, die er in London lebte, sorgte er dafür, dass Beethovens Musik in London gespielt und verlegt wurde. Er sollte ursprünglich Widmungsträger der neunten Sinfonie werden, deren Uraufführung für London vorgesehen war, aber nicht stattfand, da Beethoven aus Gesundheitsgründen die Konzertreise nicht antreten konnte.1825 führt Ferdinand Ries die 9. Sinfonie Beethovens in Aachen im Alten Kurhaus auf wohin er später im Jahre 1834, vier Jahre vor seinem Tod, als Leiter des städtischen Orchesters und der Singakademie berufen wird.

Ferdinand Ries war zweifellos ein musikalisch sehr begabter junger Mann, als er Bonn verließ um der Empfehlung seines Vaters zu folgen, sich bei Beethoven in Wien auf dem Klavier ausbilden zu lassen. Ries Vater hatte den jungen Beethoven in Bonn auf der Violine unterrichtet und dieser war sich sicher, dass dieser sein Anliegen nicht ablehnen würde.

Sehr begabte junge Menschen suchten zu dieser Zeit die Nähe der großen Könner und Genies um zu lernen und sich in der Entwicklung inspirieren zu lassen.

Ferdinand Ries hatte zur 2.Sinfonie ein besonderes Verhältnis. Es war das Werk, das sein Meister vollendete, als Ries anfing für ihn zu arbeiten. Da dieser auch für Beethoven als Notenkopist arbeitete, ist es denkbar, dass er auch an der Reinschrift beteiligt war. Seine Bearbeitung verrät intime Kenntnis des Werkes, der Stimmungen und Farben, denn er legt die einzelnen Themen durchaus auch in andere Instrumente; als man es von der originalen Sinfonie her kennt. Spielfreude und kraftvolle Energie der Themen kommen in dieser solistischen Besetzung auf besondere Weise zur Geltung.